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Inzidenz

Inzidenz ist ein Ausdruck aus der medizinischen Statistik und ist ein (epidemiologisches) Häufigkeitsmaß. Sie beschreit die Anzahl neu aufgetretener Krankheitsfälle innerhalb einer definierten Population in einem oder bezogen auf einen bestimmten Zeitraum (Quelle: DocCheck Flexikon).

Während der Corona-Pandemie wurde die sogenannte 7-Tage-Inzidenz als Maßstab für die von der Regierung zu setzenden Maßnahmen herangezogen. Beschrieben wurde diese als 

Anzahl der Neuinfektionen mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 je 100.000 Einwohnern innerhalb von sieben Tagen“. 

Bei einer „Überschreitung eines Schwellenwertes von über 50 Neuinfektionen je 100.000 Einwohner innerhalb von sieben Tagen“ galt es „umfassende Schutzmaßnahmen zu ergreifen, die eine effektive Eindämmung des Infektionsgeschehens erwarten lassen.”

Schrappe, François-Kettner, Gruhl et al zeigen in einem Thesenpapier im Monitor Versorgungsforschung (MVF 06/2020) auf, dass der Begriff Inzidenz völlig falsch verwendet wird, denn: es ist weder die Grundgesamtheit bekannt, noch wurde die Population (bzw Stichprobe) vollständig untersucht, noch wird über einen Zeitraum untersucht, noch werden die Merkmalsträger zu Beginn des Untersuchtungszeitraums ausgeschlossen. All dies sind aber unverzichtbare Aspekte für den Begriff Inzidenz bei einem Infektionsgeschehen (siehe Punkt 2.2. Häufigkeitsmaße: die falsche Verwendung des Begriffs „Inzidenz“ und seine Folgen auf S. 79f)

Stefan Lange stellt in seinem Kommentar im ZEFQ im Dezember 2020 zudem klar, dass nicht Neuerkrankungen gezählt werden, sondern die Anzahl an positiven PCR-Testergebnissen. Zudem ist die für den Zähler (eigentlich: Neuinfektionen, in Wirklichkeit: Anzahl der positiven Tests) wesentliche Stichprobe keine im epidemiologischen Sinn, da sie anlassgetrieben und somit nicht repräsentativ ist. Es wird implizit davon ausgegangen, dass die nicht getestete Bevölkerung insgesamt negativ ist (was äußerst unrealistisch ist). Dazu kommt, dass die (anlassgetriebene) Sichprobe allein von der jeweils gerade angewandten Teststrategie abhängt.

Als These 3 formulieren Schrappe, François-Kettner, Gruhl et al:

„Der Begriff der Inzidenz wird in der Berichterstattung falsch verwendet. Bei den Häufigkeitsangaben des RKI handelt es sich um unsystematisch gewonnene, anlassbezogene Prävalenzwerte, die über 7 Tage hinweg addiert werden (am ehesten als Periodenprävalenz zu bezeichnen). Der durch den Begriff „Inzidenz“ bzw. „7-Tages-Inzidenz“ geweckte Eindruck, man wisse über den Stand der Epidemie und die tatsächlich in einem Zeitraum auftretenden Neuerkrankungen Bescheid, täuscht und untergräbt die Glaubwürdigkeit des politischen Handelns“  (MVF 06/2020, S. 80).


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