Presseaussendung der GGI-Initiative am 18.01.2024
Ein Kommentar
In den vergangenen Tagen gingen die Wogen hoch, weil eine rechts-identitäre Bewegung in Deutschland Überlegungen angestellt und Pläne entworfen hatte, Millionen von Menschen zu deportieren. Empörung, ja Fassungslosigkeit machten sich breit. Die FPÖ, allen voran Herbert Kickl, hat diesen Diskurs in Bezug auf die österreichischen Verhältnisse zugespitzt und ihn dahingehend mit der Überlegung befeuert, dass es – auch unter Staatsbürgern – eigentlich zwei Klassen von Menschen gäbe, und dass es bei jener Klasse, die nicht autochthon zur Staatsbürgerschaft gekommen sei, zu Aberkennungen von Staatsbürgerschaften kommen können sollte.
Der Grüne Verein für Grundrechte und Informationsfreiheit tritt dem in aller Entschiedenheit entgegen, weil das aus Grundrechtsperspektive völlig unhaltbar und einfach nur absurd ist. Wir möchten vielmehr auf nicht sehr weit zurückliegende Äußerungen aus der mediopolitischen Welt aufmerksam machen, die nicht weniger drastisch sind und gleichermaßen eine hohe faschistische Potenz aufweisen. Um es noch deutlicher zu sagen: Es stellt sich unter dem Eindruck dieser rassistisch-faschistoiden Äußerungen die Frage, ob nicht auch die gegenwärtige Regierung und ihre mediale Entourage sowie gewisse Exponenten aus der Kulturszene gleichermaßen die Unteilbarkeit der Menschenrechte infrage und zur Disposition stellten und in deutlich faschistisches Fahrwasser geraten sind. Das alles hat sich gut wahrnehmbar in den Leitmedien und vielfach auch im Netz abgespielt, ohne dass es empörtes Getöse gegeben hätte, sondern das Gegenteil war der Fall. Was hier geäußert wurde, muss aufgearbeitet werden, denn es reicht an Qualität und Schärfe ohne Not an die Äußerungen Kickls heran, lediglich die „Ziel-Gruppen“ waren andere.
Teil der Aufarbeitung wird vor allem sein müssen, wie viel Hass sich im Netz breit machen durfte. An sich hätte man in der Republik wirkungsvoll legistische Instrumente geschaffen, um Hass im Netz zu entgegnen. Möchte man meinen. Gesetze gälten für alle, und wendeten sich, hier konkret, gegen jede Form von Hass. Möchte man meinen. Allein, die Krise hat gezeigt, dass im Kampf um Deutungshoheit diese Instrumente nicht als Schutz der Gesellschaft, sondern als Waffe gegen gewisse Gruppen einsetzbar waren. Eindeutigem Hass im Netz gegen missliebige Gruppen war nicht begegnet worden, vielmehr wurde dieser sogar zum Instrument und verlängerten Arm einer fragwürdig kompetenten und heillos überforderten Regierung. Die Pointe ist aber die, dass sich linke Möchtegerns zu Profiteuren im Windschatten einer eindeutig rechts-dominierten Regierung gemacht haben. Beispiele gefällig? Sie sind bewusst in historischem Präsens gehalten.
Zwei Beispiele für vieles aus der links-rechten Kulturszene
Robert Misik, gehypter Welterklärer, empfiehlt gegenüber Menschen, die sich den verordneten Maßnahmen nicht beugen wollen, folgende Vorgangsweise: „Solche ‚Menschen‘ wird man nicht mehr in die Gesellschaft der Normalen integrieren können. Man wird sich überlegen müssen, wie man die Gesellschaft künftig vor diesen Subjekten schützen kann. Massnahmenvollzug (sic!) etc. darf da keine Denktabus geben.“ Mit dieser Meldung vom 29.7.2022 spricht er gewissen Menschen („Menschen“ stehen unter Anführungszeichen!) das Menschsein ab, antizipiert einen Normalitätsdiskurs, der in der Republik von rechten Gruppen und Parteien geführt werden wird, und überlegt, welchen „Massnahmenvollzug“ (sic!) devianten Individuen man angedeihen lassen solle; es dürfe dabei keine Tabus geben. Die Entmenschlichung und Unterscheidung zwischen wert und unwert widerspricht in höchstem Maße der Menschenwürde und ist eigentlich faschistisch, ja gerade der Inbegriff von Faschismus. Angesichts dieser Wortwahl bleibt zu fragen: Ist Herr Misik noch ein Hascherl oder ist er schon ein Fascherl?
Ein weiteres Beispiel gefällig? Die österreichische Schriftstellerin und Cartoonistin Stefanie Sargnagel veröffentlicht am 10. November 2021 einen Cartoon, in welchem dargestellt wird, wie eine Comicfigur einer anderen Comicfigur, welche für eine Person steht, die sich nicht impfen lassen will, auf den Kopf scheißt. Auch dieser Hass im Netz schwenkt ein in die rechts-dominierte Regierungslinie und wird dankend geduldet. Dem Kommentator im Falter „tut [es] gut, über dieses drastische Bild lachen zu können – und das Wesen der Impfgegnerschaft gleichzeitig so plastisch dargestellt zu sehen.“ Mit den vielfältigen Drohungen und Herabwürdigungen aus Kunst und Medien ging ja ein starker Tenor aus der Politik selbst einher. So erklärt etwa Mikl-Leitner am 19.11.2022 die Ungeimpften „zu einer wahnsinnigen Belastung“ für die Gesellschaft – die konsequentermaßen in ihrem Weltbild nur aus Geimpften besteht – die Ungeimpften sind draußen aus der Gesellschaft, auch ihrer Grundrechte beraubt. Mikl wie Kickl?
Edtkickl oder Kicklstadler?
Signifikant für diesen – eigentlich rassistischen – Körperschluss von Politik und Kunst-Medien zelebrierten Ausgrenzungsdiskurs mögen auch die mehrfachen Drohungen der Verfassungsministerin (sic!) sein, unter anderem den Arbeitsplatz zu verlieren, oder gar illegal in Österreich zu leben, sprich der staatsbürgerlichen Rechte verlustig zu gehen. Der Verfassungsministerin die Obhut über die Verfassung anzuvertrauen, heißt gleichermaßen den Hund auf die Wurst aufpassen zu lassen. Abgesehen davon, dass sich die Verfassungsministerin (sic!) weit aus dem Fenster lehnt, sieht man wieder das gleiche Muster: Wer nicht mitzieht, ist draußen. Aus der Gesellschaft. Frage: Welche „Straftat“ zieht noch den Verlust der Aufenthaltserlaubnis eines Staatsbürgers / einer Staatsbürgerin nach sich? Auch hier wird von der Aberkennung der staatsbürgerlichen Rechte geschwärmt. Wie identitär ist das eigentlich? Wo war der mediale Empörungsschrei?
Wo irrlichtern die Grünen?
Ja, wo war der mediale Empörungsschrei? Wo sind die Grünen, die ‘solidarisch’ und ‘selbstbestimmt’ in ihren Grundwerten stehen haben? Der Verfassungsministerin (sic!) scheint nicht bewusst zu sein, wie un-juristisch, ja menschenunwürdig und “rassistisch” ihr Sermon ist. Wie soll man Diskriminierung, Ausgrenzung von Personen aufgrund körperlicher Merkmale – und die Nicht-Impfung war ein solches – sonst nennen? Die Linke – man könnte die Reihe von Belegen für den erstaunlichen Körperschluss zwischen rechts-dominierter Regierung und der Linken beliebig erweitern – hat dies johlend beklatscht; aber die Geschichte mit ihrem langen Atem wird weisen, was wirklich trägt und von Dauer ist.