Presseaussendung der GGI-Initiative am 14.02.2023
Framing als Verschwörungstheorie – oder: Wie man Investigativjournalist:innen gezielt von der Arbeit abhält
Warum ist die Welt plötzlich voll von „Verschwörungstheoretikern“? Was sind Verschwörungstheorien und welchen Zweck verfolgt das Framing als Verschwörungstheorie?
Jeder kennt es mittlerweile: Der Satz „Das ist eine Verschwörungstheorie“ beendet jedes ernsthafte Gespräch über ein Thema. Argumente sinnlos, wissenschaftliche Beweise von vornherein unglaubwürdig. Dies gilt nicht nur für die zwischenmenschliche Kommunikation, sondern insbesondere auch für Medienschaffenden. Wird etwas als Verschwörungstheorie bezeichnet, greifen Journalist:innen nicht mehr hin, wenn sie ihre Karriere behalten wollen.
Aber was sind Verschwörungstheorien eigentlich?
Wikipedia definiert es so: Als Verschwörungstheorie wird im weitesten Sinne der Versuch bezeichnet, einen Zustand, ein Ereignis oder eine Entwicklung durch eine Verschwörung zu erklären, also durch das zielgerichtete, konspirative Wirken einer meist kleinen Gruppe von Akteuren zu einem oftmals illegalen oder illegitimen Zweck.
Verschwörungen sind nichts Ungewöhnliches, sie passieren laufend und gehören für Kriminalbeamt:innen zum täglich Brot. Macht das aus allen Ermittler:innen Verschwörungstheoretiker:innen? Dem Wortsinn nach schon. Trotzdem dürfen sie weiter ihre Arbeit verrichten – ja, der Staat bezahlt sie geradezu dafür.
Auch der österreichischen Politik sind Verschwörungen nicht fremd. Die „Operation Ballhausplatz“ mit der sich Sebastian Kurz innerparteilich an die Macht putschte, war eine klassische Verschwörung. Die Gruppe um Kurz versuchte alles, um Mitterlehner öffentlich schlecht dastehen zu lassen und Kurz dann als Retter der Partei zu inszenieren. Florian Klenk und Journalisten, die diesbezüglichen Hinweisen nachgingen, sind demgemäß konsequenterweise Verschwörungstheoretiker:innen, die diese Verschwörung aufdecken wollten. Nun – damals wurden besagte Journalist:innen nicht als „Verschwörungstheoretiker:innen“ geframt, sonst wäre die Geschichte heute noch nicht aufgedeckt, und die recherchierenden Journalist:innen allesamt ihre Jobs los.
Zweifelsohne gibt es „Verschwörungsmythen“ die jeglicher Grundlage entbehren, aber sämtliche Verschwörungen von vornherein auszuschließen, kann nicht zielführend sein und widerspricht darüber hinaus der allgemeinen Lebenserfahrung.
Während der Coronakrise wurde jedoch der Begriff „Verschwörungstheoretiker“ in seiner Bedeutung abgewandelt und in inflationärer Weise gebraucht. Jeder, der vom vorgegebenen Narrativ durch Regierung oder Institutionen abwich, wurde als Verschwörungstheoretiker:in abqualifiziert. Völlig unabhängig davon, ob die Behauptungen nur Theorien waren, oder mit gerichtsfesten Beweisen eindeutig belegt wurden. Eine Diskussion war öffentlich nur in sehr eingeschränktem Rahmen möglich.
Selbstzensur durch erfolgreiches Framing
Im Ergebnis führte dies zu einer breitflächigen Selbstzensur in der Medienlandschaft, sowie folglich in der gesamten Gesellschaft. Alles, was nicht dem Narrativ entsprach, drang entweder medial nicht durch, oder wurde postwendend diffamiert. Dies ist eine gefährliche Entwicklung für die freie Presse, denn die Selbstzensur ging so weit, dass nicht einmal valide Daten und harte wissenschaftliche Beweise gegen das Verschwörungstheoretikernarrativ eine Chance hatten. Selbst zuvor anerkannte Tatsachen, z. B. dass die Unabhängigkeit der WHO (wie diese selbst angab), durch die mangelnde Finanzierung durch die Staaten gefährdet wäre, landete nach Start der Corona-Krise im Verschwörungseck.
Diesen Entwicklungen ist es zu verdanken, dass die Bevölkerung nun ein völlig verzerrtes Bild von der Wirklichkeit hat – und das schließt auch Redakteur:innen und Politiker:innen mit ein.
Für objektiven Journalismus ist es jedoch unerlässlich, offen an Ereignisse und Geschichte heranzugehen. Dass Politiker:innen und andere Personen des öffentlichen Lebens ein Narrativ durchsetzen wollen, ist nicht neu. Die Aufgabe der Medien ist es hier als Gatekeeper zu fungieren und immer der Frage nachzugehen: „Ist das wirklich so?“
Ob im Journalismus oder vor Gericht: Die Frage: „Cui bono?“, also „Wer profitiert?“ ist zur objektiven Beurteilung eines Sachverhalts essentiell. Gleiches gilt für die Darstellung unterschiedlicher Meinungen. Beides wurde erfolgreich mittels der diffamierenden Bezeichnung “Verschwörungstheorie” in den letzten Jahren verhindert.
Dies hat in der Gesellschaft Spuren hinterlassen. Durch das Unterdrücken und Diffamieren von anderen Meinungen und wissenschaftlichen Erkenntnissen, wurde die Gesellschaft weiter gespalten. Es führte zudem zu einem Vertrauensverlust in die etablierten Medien.
Ein Gedanke zu „PM: #3 Wie man Investigativjournalist:innen gezielt von der Arbeit abhält“
PASST.
LG Hannes Zwingl http://www.singtaxi.at 👍 😊