Dass ein neuer Pandemieplan ohne Aufarbeitung und ernsthafter Evaluierung der Maßnahmen wenig sinnvoll ist, war zu erwarten. Dass jedoch praktisch nichts aus der Krise gelernt wurde und dieselben, gescheiterten und schädlichen Maßnahmen in der nächsten Krise wiederholt werden sollen, ist dann doch kaum zu fassen.
Hintergrund
Noch im Vorjahr wurde vom Gesundheitsministerium ein Pandemieplan für respiratorische Krankheiten für Österreich veröffentlicht. [1] Das gut 40 Seiten starke Dokument erscheint insofern problematisch, als vorab keine ernsthafte Aufarbeitung und damit auch kein echtes Lernen aus den Fehlern stattgefunden hat. Die Veröffentlichung erfolgte nur wenige Monate nachdem wir Grüne für Grundrechte und Informationsfreiheit (GGI) mit unserer Serie zu verschiedenen, aufzuarbeitenden Aspekten der sogenannten Pandemie begonnen hatten. [2]
Auf eine Aussendung zur Aufarbeitung unsererseits an die Nationalratsabgeordneten erhielten wir von einem Oppositionspolitiker die Antwort, dass die Verantwortlichen wohl aus ihren Fehlern gelernt hätten, ihnen jedoch die Größe fehle, dies öffentlich zuzugeben. Wir nehmen das zum Anlass, den Plan durchzuarbeiten und nachzusehen, ob dem wirklich so ist.
Heiße Luft und kalter Schauer
Das Dokument enthält zunächst einen Abschnitt über Vorbereitungen für die anscheinend in absehbarer Zeit erwartete, nächste Pandemie. Im Wesentlichen handelt es sich dabei um gute Vorsätze ohne konkreten Inhalt. Ausnahmen sind die Fortsetzung der bestehenden Influenza-Surveillance, die auf zusätzliche schwere, akute, respiratorische Infektionen (severe acute respiratory infections [SARI]) erweitert worden ist; sowie die Implementierung des Abwassermonitoring.
So weit, so harmlos. Bedenklich wird es im Teilabschnitt 3.7 “Maßnahmen zur Bekämpfung der Pandemie”. Die große Hörigkeit auf von der Politik ausgewählte Experten wird fortgeschrieben, als Feigenblatt für autoritäre Entscheidungen. Und das, obwohl das in der vergangenen Gesundheitskrise so schlecht funktioniert hat. Wie man in Zukunft im Ernstfall unabhängige geeignete Expertengremien zusammensetzen will, wird nicht erwähnt.
Verordnungen
Legendär ist die Ansicht des ehemaligen Bundeskanzlers Sebastian Kurz, der schon 2020 festgestellt hat, dass es sich mit Verordnungen gut durchregieren lässt. Bis der Verfassungsgerichtshof (VfGH) eine solche als rechtswidrig erkennen würde, wäre die gegenständliche längst wieder außer Kraft und durch die nächste (verfassungswidrige) ersetzt. Solange jedoch der VfGH sein Urteil nicht gesprochen hat, ist sie geltendes Recht.
Angesichts des allgemein strengen Glaubens an den unbedingten Katastrophencharakter eines neuartigen Erregers sind wir keinesfalls optimistisch, dass diese Methode zum Wohl der Bevölkerung eingesetzt wird.
Fall- und Kontaktpersonennachverfolgung
Diesem Aspekt haben wir eine Aussendung gewidmet. Diese Methode ist für die Zirkulation respiratorischer Erreger zwecklos, das hat sogar die WHO noch 2019 festgehalten. Entsprechend ist contact tracing weltweit krachend gescheitert. [3]
Verkehrsbeschränkungen/Betretungsverbote/Ausgangsregelungen
Hier handelt es sich um Euphemismen für “Einsperren light”. Noch dazu sind diese Maßnahmen im Wesentlichen zwecklos und in der Erhebung unangemessen fehleranfällig.
Wir haben den sogenannten saisonalen Trigger in einer Aussendung behandelt. Dieser erklärt unserer Erkenntnis nach Zirkulation in Abgrenzung zur Symptomatik von respiratorischen Erregern wesentlich besser als der Reproduktionsfaktor bzw. der berüchtigte R-Wert. Die Kernaussage ist, dass Bewegungseinschränkungen oder Absonderungen in diesen Fällen zum falschen Zeitpunkt erfolgen, da die Zirkulation bereits in vollem Gang ist, sobald Symptome oder hinreichende Viruslast gegeben sind. [4]
Maskenpflicht
Den Mythos um die angeblich schützende Wirkung von Masken aller Art wollen wir eigentlich nicht mehr kommentieren. Wir haben dazu die Ausarbeitungen anderer Initiativen zusammengefasst. Die Schlussfolgerung ist eindeutig: Ein Nutzen hat nie seriös gezeigt werden können, demgegenüber stehen eine Reihe von Risiken für die Gesundheit. [5] Zusätzlich haben wir erläutert, warum die sogenannte mechanistische Evidenz (technische Studien, welche die Anwendbarkeit im Alltag nicht berücksichtigen) bevorzugt herangezogen wurde und welche Fallstricke dabei lauern. [6]
Auch in den Protokollen des deutschen RKI-Krisenstabs wird klargestellt, dass ein epidemiologischer Nutzen der Masken nicht nachgewiesen werden konnte. [7]
Nachweis über eine geringe epidemiologische Gefahr
Die diversen G-Regeln und der grüne Pass haben offenkundig keine positive Wirkung auf den Verlauf der sogenannten Pandemie entfaltet. Dafür haben sie als Vorwand zur Einschränkung von Grundrechten gedient sowie einen unermesslichen gesellschaftlichen Schaden, Feindseligkeit und Spaltung bewirkt. Dass sie erneut geplant sind, kann nur als vorsätzlicher Verfassungsbruch gewertet werden, da die Unverhältnismäßigkeit mittlerweile feststeht.
Auch die grüne EU-Abgeordnete Michèle Rivasi sprach sich entschieden gegen digitale Zertifikate aus. [8]
Digitale Covid-Zertifikate sind eine Quelle von Diskriminierung und Angriffe auf Grundrechte in der EU. Sie manipulieren sensible persönliche Daten und fördern Machtmissbrauch. Wo sind die Schutzmaßnahmen?
Der Pandemieplan stellt in Aussicht, dass Impfungen und Tests abermals für so einen Nachweis zur epidemiologischen Gefahr verlangt werden. Auf die Fehleranfälligkeit von Tests gehen wir weiter unten ein. Dass die Covid-Impfung als Nachweis komplett untauglich war, kann wohl als erwiesen betrachtet werden. Immerhin war und ist es immunologisches Lehrbuchwissen, dass intramuskuläre Impfungen weder einen Infektionsschutz, noch einen Übertragungsschutz in nennenswertem Umfang erreichen können. [9] Es gibt keinen Grund zur Annahme, dass künftige als Impfung getarnte Injektionen eine bessere diesbezügliche Wirksamkeit bei respiratorischen Atemwegserkrankungen aufweisen.
Dass derartige Maßnahmen trotz gegenteiliger Evidenz weiterhin geplant sind – und das unter einem grünen Gesundheitsminister – ist unbegreiflich.
Schließung von Lehranstalten
Viel ist in den vergangenen Jahren über die Sinnhaftigkeit von Schulschließungen analysiert und geschrieben worden und das Urteil ist eindeutig: Schulschließungen haben keinen Nutzen und verursachen gewaltige Kollateralschäden! Das gestehen mittlerweile sogar jene ein, die diese Schließungen verordnet hatten. Trotzdem sind sie als potenzielle Maßnahme im Pandemieplan verankert. Das ist besonders brisant, da mittlerweile auch klar ist, dass sich die Corona-Kommission stets gegen Schulschließungen aussprach. Diese wurden dennoch verordnet. Auszug aus dem Protokoll der 15. Sitzung der Corona-Kommission vom 03.12.2020:
Der Vertreter aus Wien berichtet drüber hinaus, dass in den Medien kolportiert wurde, dass Schulschließungen von der Kommission einmal befürwortet und später abgelehnt wurden. Man ersucht, dies nochmals zu prüfen. Herzog repliziert, dass seiner Erinnerung nach nie ein Beschluss für Schulschließungen gefasst wurde, sondern sich die Kommission stets gegen Schulschließungen und für eine Offenhaltung der Schulen unter verstärkten Schutzmaßnahmen ausgesprochen hat.
Testungen
Der Pandemieplan lässt keinen Zweifel daran, dass Tests wieder (auch in Massenform) zur Anwendung kommen. Zwar wird im Pandemieplan festgehalten:
Die Kosten für die Testungen waren enorm, ihre Wirksamkeit ist jedoch nicht belegt. (…) Basierend auf diesen Erfahrungen aus der COVID-19-Pandemie wird das unbeschränkte und nicht zielgerichtete Zurverfügungstellen von Testungen für die Bevölkerung grundsätzlich als nicht zielführend angesehen.
Dann aber wird festgestellt, dass die Option derart sinnloser Massentests doch geprüft werden kann – noch dazu auf Basis von Modellierungen (die sich während der Krise allzu oft als falsch erwiesen).
Nur wenn Modellierungen auf Basis robuster und zuverlässiger Parameter einen gewissen epidemiologischen Nutzen erwarten lassen, wird das breite Zurverfügungstellen von Testungen einer Prüfung auf Sinnhaftigkeit unterzogen.
Robuste und zuverlässige Parameter in Modellierungen gibt es nicht, zudem ist ein “gewisser epidemiologischer Nutzen” schnell angenommen. Auf Evidenz wird hier ausdrücklich nicht abgestellt. Ein derartiges Vorgehen hat einige Tücken, treibt aber besonders die Problematik der falsch-positiven Ergebnisse auf eine unzumutbare Spitze. Wir haben anhand der Arithmetik molekularbiologischer Tests ermittelt, dass in Österreich während der Pandemie einige 100.000 Menschen umsonst in Isolation/Quarantäne eingesperrt wurden. Eine Gefahr, die dies rechtfertigt, war niemals gegeben. [10]
Eine allgemeine und exemplarische Zusammenstellung der dazu relevanten Formeln stellen wir in unserer Serie Let’s talk about… zur Verfügung. [11]
Schlussfolgerung
Der österreichische Pandemieplan ist so grotesk geraten, wie es angesichts des Ausbleibens einer echten Aufarbeitung zu erwarten war. Außer einer allgemeinen Impfpflicht sind alle Maßnahmen enthalten, die ab 2020 enorm viel Geld gekostet, zu einer tiefen gesellschaftlichen Spaltung geführt haben und erwiesenermaßen völlig unverhältnismäßig waren. Die diversen G- und Schließungsmaßnahmen haben zusätzlich exorbitant hohen gesundheitlichen, seelischen und wirtschaftlichen Schaden angerichtet! Der Vergleich mit Schweden macht sicher: Wir sind sehr schlecht durch die Krise gekommen, und sogar das reine Nichtstun hätte weit weniger Schaden angerichtet.
Wir Grüne für Grundrechte und Informationsfreiheit (GGI) wiederholen erneut unsere Forderung nach einer ehrlichen und umfassenden, juristischen und politischen Aufarbeitung der Krisenjahre. Wie oben dargelegt zeigt der nun vorliegende Pandemieplan einmal mehr, wie dringend und richtig diese Forderung war und nach wie vor ist. Denn wenn das nicht passiert schlitttern wir bei der nächsten Krise planmäßig und sehenden Auges in die Katastrophe.
Quellenangaben
[1] Anonym. Pandemieplan für respiratorische Krankheiten. Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz (BMSGPK), 2023. online: https://www.sozialministerium.at/dam/jcr:4e2ae8df-e938-4f31-be7a-dd5c6cbfe0bf/Pandemieplan%20f%C3%BCr%20respiratorische%20Krankheiten.pdf
[2] Anonym. Die große Aufarbeitung der Corona-Krise. Grüner Verein für Grundrechte und Informationsfreiheit, 2023. online: https://ggi-initiative.at/wp/die-grosse-aufarbeitung-der-corona-krise-einleitung
[3] Anonym. Contact tracing – zum Scheitern verurteilter Dauerrückstand. Grüner Verein für Grundrechte und Informationsfreiheit, 2023. online: https://ggi-initiative.at/wp/pm-42-contact-tracing-zum-scheitern-verurteilter-dauerrueckstand
[4] Anonym. Der R-Wert – Kennzahl mit wenig Aussagekraft. Grüner Verein für Grundrechte und Informationsfreiheit, 2023. online: https://ggi-initiative.at/wp/pm-31-der-r-wert-kennzahl-mit-wenig-aussagekraft
[5] Anonym. Masken: Nutzen oder Schaden? Grüner Verein für Grundrechte und Informationsfreiheit, 2023. online: https://ggi-initiative.at/wp/pm-37-masken-nutzen-oder-schaden
[6] Anonym. Mechanistische Evidenz – überschätzte Rolle bei Krankheiten und Erregern. Grüner Verein für Grundrechte und Informationsfreiheit, 2023. online: https://ggi-initiative.at/wp/pm-77-mechanistische-evidenz-ueberschaetzte-rolle-bei-krankheiten-und-erregern
[7] Anonym. RKI Files – brisante Corona-Protokolle aus Deutschland. Grüner Verein für Grundrechte und Informationsfreiheit, 2024. online: https://ggi-initiative.at/wp/pm-110-rki-files
[8] Rivasi M. Les certificats Covid. X, 2023. online: https://twitter.com/MicheleRivasi/status/1665710424921190401
[9] Murphy K, Weaver C. Janeway Immunologie (Aufl 9). Springer Spektrum Berlin/Heidelberg, Deutschland, 2016. ISBN: 978-3-662-56003-7
[10] Anonym. Falsch positive Testungen: Eine vernachlässigte Größe mit enormen Auswirkungen. Grüner Verein für Grundrechte und Informationsfreiheit, 2024. online: https://ggi-initiative.at/wp/pm-99-falsch-positive-testungen-eine-vernachlaessigte-groesse-mit-enormen-auswirkungen
[11] Anonym. Let’s talk about…PCR. Grüner Verein für Grundrechte und Informationsfreiheit, 2023. online: https://ggi-initiative.at/wp/pcr