PM: #27 Die erste Lockdown-Verordnung

Presseaussendung der GGI-Initiative am 16.05.2023

Die erste Lockdown-Verordnung in Österreich führte zu einer massiven Einschränkung der Grund- und Freiheitsrechte der Menschen. Was bis heute vielen nicht bewusst ist: Sie war weit weniger streng, als von der Regierung suggeriert. Es war der Beginn einer irreführenden Kommunikation der Regierung unter dem Motto „Der Zweck heiligt die Mittel“. Im Ergebnis beschädigte diese Kommunikationsstrategie jedoch das Vertrauen in die Regierung erheblich.

Am 16. März 2020 trat die erste Lockdown-Verordnung in Kraft. Es war ein historischer Tag. Nie zuvor in der 2. Republik wurden die Grund- und Freiheitsrechte der Menschen so schwerwiegend eingeschränkt. Die Verordnung wurde am 14. Juli 2020, also lange nachdem sie bereits außer Kraft getreten war, vom Verfassungsgerichtshof für gesetzeswidrig erklärt.

Irreführende Kommunikation

Wenige Tage vor dem ersten Lockdown, am 13.03.2020, dementierte der damalige Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) der Presse gegenüber Gerüchte, die Regierung könne eine Ausgangssperre verhängen oder alle Geschäfte in Österreich schließen.

„Es wird natürlich keine Ausgangssperren geben“, versicherte Nehammer im Ö1-Mittagsjournal und warnte vor „Fake News“.

Die Verordnung, die erst am 15. März bekanntgegeben wurde, bestand lediglich aus 5 Paragraphen. Im Wesentlichen verordnete sie, dass das Betreten öffentlicher Orte verboten wäre. Fünf Ausnahmen wurden in der Verordnung festgeschrieben, wovon jedoch lediglich vier regelmäßig kommuniziert wurden: Berufliche Tätigkeiten, Betreuung und Hilfeleistung für Mitmenschen, notwendige Besorgungen des täglichen Bedarfs und Bewegung im Freien alleine oder mit Mitbewohnern. Die Abwendung einer unmittelbaren Gefahr für Leib, Leben und Eigentum als fünfter Ausnahmegrund wurde in der Kommunikation regelmäßig vergessen.

Der tatsächliche Verordnungsinhalt

Die Kommunikationsstrategie der Regierung wich erheblich vom tatsächlichen Verordnungsinhalt ab. Auch heute noch glauben Menschen, es wäre ihnen untersagt gewesen, Freunde und Familie zu besuchen. Das war jedoch nicht der Fall, denn die Verordnung galt explizit nur für öffentliche Orte. Konkret lautete die Verordnung bzw. der Verordnungsteil wie folgt:

§ 1. Zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 ist das Betreten öffentlicher Orte verboten.

§ 2. Ausgenommen vom Verbot gemäß § 1 sind Betretungen,

5. wenn öffentliche Orte im Freien alleine, mit Personen, die im gemeinsamen Haushalt leben, oder mit Haustieren betreten werden sollen, gegenüber anderen Personen ist dabei ein Abstand von mindestens einem Meter einzuhalten.

Kurz gesagt: Rechtlich gesehen gab es keine echten Ausgangsbeschränkungen, denn es war jederzeit erlaubt, ohne besonderen Grund ins Freie zu gehen, auch zum Zweck des Besuchs von Freunden und Familie. Im privaten Raum galten ohnehin keine Regeln und keine Mindestabstände. Das wäre auch nicht ohne weiteres möglich gewesen, ist doch das Privatleben verfassungsrechtlich besonders geschützt. Suggeriert wurde durch die Kommunikation der Regierung jedoch etwas anderes.

Zwar war die Benützung von Massenbeförderungsmitteln nur für Betretungen im Rahmen der anderen vier Ausnahmegründe zulässig, jedoch meinen spitzfindige Juristen, dass die Verordnung dem Wortlaut nach eben nur für das Betreten – und nicht für das Befahren – von öffentlichen Orten gilt. Die Verwendung des eigenen oder geliehenen PKWs oder sonstiger privater Fahrzeuge war nach dieser Rechtsmeinung also ebenfalls jederzeit erlaubt.

Der Zweck heiligt nicht die Mittel

Man mag der Regierung in diesem Zusammenhang die gute Absicht nicht in Abrede stellen, dass sie – obwohl rechtlich auf Basis der wenigen Daten nicht möglich – die Bevölkerung zur Isolation bewegen wollte, um die Virusausbreitung zu verhindern. Es ist jedoch einer liberalen Demokratie unwürdig, die Menschen irreführend zu informieren, um ein bestimmtes Verhalten zu erwirken. Transparente Kommunikation auf Augenhöhe wäre der richtige Weg gewesen, denn Unwahrheiten und Irreführungen kommen früher oder später immer ans Licht und schädigen das Vertrauen in die Institutionen in erheblichem Maße.

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